OPEN SPACE 20 | On Climate

organisiert von Nina Wiesnagrotzki

Eröffnung: Freitag, 18.03.2016, 19 Uhr

Ausstellung: 19.03.–16.04.2016

 

Mit Werken aus der Sammlung Artothek Neuer Berliner Kunstverein 

Erworben mit Mitteln der LOTTO-Stiftung Berlin

 

“Ich würde es eher Leidenschaft nennen als Hobby. Man sollte meinen, das Internet habe uns Enthusiasten zur Strecke gebracht - in Wahrheit hat es uns gestärkt. Heutzutage sind philatelistische Informationen viel leichter zugänglich. Meine bessere Hälfte sagt, sie sei froh darüber, dass ich nun eine Online-Community gefunden habe und ihr nicht mehr den ganzen Abend mit meinen Briefmarkenfakten in den Ohren liege!

 

Wenn du mit Briefmarkensammeln anfängst, ringst du erst mal ziemlich mit dem Chaos. Der Schlüssel liegt darin, einige wenige Themen auszuwählen und die eigene Sammlung darauf zu beschränken. Meine Wahlthemen fallen unter die Überschrift „Wissenschaft“. Da gibt es dann „Klimawandel“, „Elektrizität/Energie“, „Kernkraft/Kernphysik“ und „Atomstrom“ – wobei ich dann noch eine bescheidenere Markensammlung zum Thema „Gas und Kohle“ besitze, die unter „Industrie“ fällt. Eine solche Selbstbeschränkung gestaltet das Briefmarkensammeln schwieriger, im Grunde aber lohnenswerter."

 

Jeder entscheidet für sich, wie er seine Sammlung aufbaut (das ist Teil des Vergnügens), ich jedenfalls möchte mit meinen Briefmarken Geschichten erzählen. Richtig aufgezogen kann eine thematische Anordnung quer durch eine Epoche führen. Werden beispielsweise Briefmarken zum Thema „Energie“ nach Ausgabejahr statt Herkunftsland sortiert, kann man so die gesellschaftliche Haltung zu unterschiedlichen Energiequellen über einen längeren Zeitraum nachvollziehen.

 

Ich habe viele Briefmarken zu atomarer Energie. Schon ein ulkiger Schwerpunkt angesichts meiner Berufswahl – ich beschäftige mich mit erneuerbaren Energien – aber Gegensätze ziehen sich vermutlich an. Obwohl sie keinen sonderlichen Wert hat, gehört zu meinen Lieblingsmarken, die namens „Atoms for Peace“ (Atome für den Frieden). Sie wurde aus Anlass einer Rede Präsident Eisenhowers Anfang der 1950er Jahre vor der UN-Generalversammlung herausgegeben. Nachdem, was in Japan passiert war, hatten alle eine Heidenangst vor Kernkraft. In seiner Rede bemühte sich Eisenhower deshalb, dem amerikanischen Volk wie auch der übrigen Welt zu versichern, dass die Technologie gute Dienste leisten könne. Aus heutiger Sicht sagen sie, sei die Rede reiner PR-Auftritt gewesen, um uns an die Idee des Kalten Krieges zu gewöhnen.

 

Mir gefällt die Briefmarke, weil sie unser zwiespältiges Verhältnis zum Atomstrom verkörpert. Wir sind dagegen, solange es nicht bedeutet, dass unsere Stromrechnungen steigen und sie eine Windturbine in unseren Garten pflanzen! Aber genug davon, ich will jetzt nicht weiter auf Politik eingehen - ich bin nur ein Sammler.” - Text von Chloe Stead.

 

Als ausgebildete Künstlerin und Ärztin umfasst Nina Wiesnagrotzki’s künstlerische Praxis assoziative Verknüpfungen zwischen Kunsttheorie und -geschichte wie auch Natur- und Sozialwissenschaften. In ihre jüngeren Arbeiten floss ihr Interesse für Theorien über das “Kapitalozän” ein, das auf der Beziehung zwischen dem Menschen und der übrigen Natur fußt. So reflektierte sie in ihrem Video Sansui, Landscape (2014), die Bedeutung von Bergen im Verhältnis zur Geschichte der Naturkatastrophen in Japan. Für On Climate zeigt sie ihre Collagenreihe Atoms for Peace (2015) gemeinsam mit Werken aus der Sammlung Artothek Neuer Berliner Kunstverein. Die in ihren Collagen innewohnende Montagetechnik wird so um die gesamte Ausstellung erweitert.

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